Arbeitsbereitschaft: Definition, Arten und Bedeutung für Unternehmen
In vielen Branchen ist es notwendig, dass Mitarbeiter nicht durchgehend aktiv arbeiten, sondern in bestimmten Situationen auf ihren Einsatz warten. Diese Phase wird als Arbeitsbereitschaft bezeichnet und ist eine besondere Form der Arbeitszeit, die klare arbeitsrechtliche Regelungen und Vergütungsvorschriften hat.
Was ist Arbeitsbereitschaft?
Arbeitsbereitschaft bedeutet, dass Beschäftigte sich an ihrem Arbeitsplatz aufhalten und jederzeit bereit sein müssen, ihre Arbeit sofort und ohne Verzögerung aufzunehmen, sobald dies erforderlich ist. Während dieser Zeit beobachten sie ihre Umgebung und bewerten die Situation, ohne jedoch kontinuierlich einer aktiven Tätigkeit nachzugehen.
Das Bundesarbeitsgericht definiert Arbeitsbereitschaft als „Zeit wacher Aufmerksamkeit im Zustand der Entspannung“. Dies bedeutet, dass Arbeitnehmer während der Arbeitsbereitschaft nicht vollkommen passiv sind, sondern in einer Art Stand-by-Modus verbleiben.
Beispiele für Arbeitsbereitschaft
Arbeitsbereitschaft kommt in vielen Berufsfeldern vor. Einige typische Beispiele sind:
Einzelhandel: Eine Verkäuferin wartet in einem Geschäft ohne Kunden darauf, ihre Beratungsleistung zu erbringen.
Taxifahrer: Während er auf Fahrgäste wartet, befindet sich ein Taxifahrer in Arbeitsbereitschaft.
Call-Center-Agenten: Wenn keine Anrufe eingehen, sind Call-Center-Mitarbeiter in Bereitschaft.
Techniker in der Energiewirtschaft: Ein Techniker beobachtet eine Überwachungssoftware und greift erst ein, wenn eine Störung vorliegt.
Rettungsdienste: Sanitäter, die auf einen Notruf warten, sind ebenfalls in Arbeitsbereitschaft.
Arbeitsbereitschaft und Arbeitszeit: Was sagt das Gesetz?
Arbeitsbereitschaft gilt nach dem Arbeitszeitgesetz (§ 7 ArbZG) als Arbeitszeit. Die gesetzliche Höchstarbeitszeit beträgt acht Stunden pro Tag bzw. 48 Stunden pro Woche. In besonderen Fällen, wenn Arbeitsbereitschaft einen erheblichen Teil der Arbeitszeit ausmacht, kann die tägliche Arbeitszeit auf bis zu zehn oder sogar zwölf Stunden verlängert werden – vorausgesetzt, ein entsprechender Tarifvertrag erlaubt dies.
Ein Beispiel hierfür ist die Sicherheitsbranche oder der Rettungsdienst:
Mitarbeiter dürfen dort bis zu zehn Stunden täglich arbeiten, wenn mindestens zwei Stunden ihrer Arbeitszeit als Arbeitsbereitschaft gelten. Bei vollständiger Arbeitsbereitschaft sind sogar zwölf Stunden täglich möglich.
Unterschied zwischen Arbeitsbereitschaft, Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft
Es gibt mehrere Formen der Arbeitsbereitschaft, die sich in der Flexibilität und der Anwesenheitspflicht unterscheiden:
Bereitschaftsform | Ort des Mitarbeiters | Reaktionszeit | Aktivität während der Wartezeit |
Arbeitsbereitschaft | Direkt am Arbeitsplatz | Sofort | Arbeitnehmer beobachtet die Situation und greift bei Bedarf aktiv ein |
Bereitschaftsdienst | Vom Arbeitgeber festgelegter Ort | Kurze Zeitspanne, aber nicht sofort | Entspannung möglich, zum Beispiel Lesen oder Schlafen |
Rufbereitschaft | Freie Wahl des Aufenthaltsorts (muss dem Arbeitgeber bekannt sein) | Innerhalb einer vereinbarten Frist | Arbeitnehmer kann Freizeitaktivitäten nachgehen, muss jedoch erreichbar sein |
Vergütung von Arbeitsbereitschaft
Da Arbeitsbereitschaft als Arbeitszeit gilt, ist sie grundsätzlich vergütungspflichtig. Allerdings ist es erlaubt, sie niedriger zu entlohnen als reguläre Vollarbeit, da die Belastung geringer ist.
Die Entlohnung richtet sich nach dem geltenden Tarifvertrag oder individuellen Arbeitsvertrag.
Ein aktuelles Urteil des Landesarbeitsgerichts Mecklenburg-Vorpommern (2020) bestätigt, dass Arbeitgeber die Vergütung von Arbeitsbereitschaft reduzieren dürfen.
Trotzdem darf die Gesamtvergütung nicht unter den gesetzlichen Mindestlohn fallen.
Wichtig ist auch, dass Arbeitnehmer, die regelmäßig über acht Stunden pro Tag in Arbeitsbereitschaft sind, Anspruch auf Freizeitausgleich haben.
Rechtliche Aspekte und Mitbestimmung durch den Betriebsrat
Unternehmen müssen beachten, dass die Einführung von Arbeitsbereitschaft mitbestimmungspflichtig ist. Nach § 87 Abs. 1 Nr. 3 des Betriebsverfassungsgesetzes hat der Betriebsrat ein Mitspracherecht, wenn es um die Regelung von Arbeitszeiten geht.
Das bedeutet:
Arbeitgeber können Arbeitsbereitschaft nicht einseitig anordnen, sondern müssen mit dem Betriebsrat eine Einigung erzielen.
Die Regelungen zur Arbeitsbereitschaft sollten klar und unmissverständlich im Arbeitsvertrag festgehalten werden, um Missverständnisse zu vermeiden.
Vorteile und Herausforderungen von Arbeitsbereitschaft
Vorteile für Unternehmen:
Flexibilität bei wechselndem Arbeitsaufkommen
Möglichkeit, auf kurzfristige Engpässe zu reagieren
Reduzierung von Leerlaufzeiten und bessere Planbarkeit
Herausforderungen für Arbeitnehmer:
Gefahr von langen Arbeitszeiten, wenn Arbeitsbereitschaft oft gefordert wird
Unklare Vergütung, wenn keine tarifliche Regelung vorliegt
Psychische Belastung durch permanente Einsatzbereitschaft
Arbeitsbereitschaft in der Praxis: Tipps für Unternehmen
Damit Arbeitsbereitschaft effizient und fair organisiert wird, sollten Unternehmen folgende Maßnahmen beachten:
Klare Definitionen in Arbeitsverträgen: Die Art der Arbeitszeit muss eindeutig festgelegt werden.
Angemessene Vergütung: Die Bezahlung sollte sich an der tatsächlichen Beanspruchung orientieren.
Gesundheitsschutz sicherstellen: Arbeitnehmer dürfen nicht überlastet werden, weshalb Ruhezeiten eingehalten werden müssen.
Betriebsrat einbeziehen: Eine enge Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat sorgt für eine transparente und gerechte Umsetzung.
Fazit: Warum ist Arbeitsbereitschaft ein wichtiges Thema?
Arbeitsbereitschaft spielt eine wesentliche Rolle in vielen Branchen, insbesondere im Einzelhandel, im Rettungswesen, in der Sicherheitsbranche und im Kundenservice. Sie ermöglicht es Unternehmen, flexibel auf Nachfrage zu reagieren, während Arbeitnehmer sich in einer Phase geringerer Belastung bereithalten.
Damit Arbeitsbereitschaft fair und transparent geregelt wird, sollten Unternehmen auf klare arbeitsvertragliche Vereinbarungen, eine angemessene Vergütung und die Einhaltung gesetzlicher Arbeitszeitgrenzen achten. Eine enge Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat ist dabei entscheidend, um für beide Seiten eine faire Lösung zu finden.